Projektbeschreibung
Gründung
Im Februar 1995 gründeten 13 Erwachsene, die mit ihren sieben Kindern in ihren Wagen auf dem Grünstreifen neben der „Alternative e. V.“ lebten, den Verein „Tamanha e.V.“ (frei übersetzt aus dem
Portugiesischen: „Auf Morgen!“) und traten in Verhandlungen mit der Hansestadt Lübeck für ein geeignetes Gelände.
Die Zielsetzung des Vereins und die Ideen und Pläne beschrieben die damaligen Vereinsmitglieder so:
„1. Findung eines Platzes, auf dem in Wagen gewohnt werden kann.
2. Aufbau einer eigenen Infrastruktur, die dem zeitgemäß ökologischen Konzept von Wohnen, Leben, Arbeiten entspricht.
3. Einrichtung einer Volksküche für Jedermann/-frau, eines Kinderhauses mit Schularbeitenhilfe und Spielplatz für alle Kinder, eines Kulturcafés als Treffpunkt und für Theater-, Film- und Musikvorstellungen.
4. Integration von sozialen Randgruppen (z.B. Jugendliche und Alte)“
(aus der Kurzfassung der Vereinsgeschichte von 2001)
Die Vertreter der Stadt zeigten sich kooperationsbereit und verhandlungsoffen.
Zu Beginn des Jahres 1997 unterzeichneten der Verein „Tamanha e.V.“ und die Hansestadt Lübeck einen über 20 Jahre laufenden Pachtvertrag für ein Stück Land, das zum Stadtgut Niemark gehörte. Auf
diesem Gelände konnten wir nun unsere „experimentelle Wohnform“ erproben. Auf dem etwa 2,3 ha großen Teil der „Hauskoppel“ konnte mit Hilfe einer Spende der Lübecker Possehl-Stiftung Strom- und
Wasserversorgung gelegt werden, und im Juli 1997 zogen die Wagen dorthin um.
„Der Raps stand noch und wir rupften wie Eroberer eine 8 m breite Spur frei. Da hinein stellten wir unseren Büro-Bauwagen.
Damals war noch alles flach: kein Strauch, kein Busch, kein Baum - nur Acker… mit fast reifem Raps und Unkraut. In diesem Sommer waren wir alle sehr schnell sehr braungebrannt. Überall flatterten
Schattensegel an den Draußen-Tischen.“
erzählt ein Gründungmitglied auf der Internetseite.
Die sanitäre Situation war zunächst äußerst provisorisch, doch im November 2000 wurde durch die Hansestadt Lübeck die Nutzung des „Holländerhauses“, eines der Arbeiterhäuser des Stadtgutes, als
Vereins- und Badehaus möglich.
2001 konnte der Verein von der Hansestadt Lübeck den Rest der „Hauskoppel“ pachten, ein ca. 13 ha großes Stück Ackerland, um die angepeilten landwirtschaftlichen Ziele zu verwirklichen.
Soziales und Vereinsleben
Ebenfalls 2001 überarbeitete der Verein seine Satzung, um die Gemeinnützigkeit zu beantragen, welche für die Vereinsziele „Tier- und Pflanzenzucht“ auch erlangt wurde.
Um Belange der BewohnerInnen von allgemeinen Vereinsbelangen getrennt behandeln zu können, wurde die Idee des „Initiativkreises“ (IKS) in die neue Satzung mit aufgenommen.
Der IKS lenkt in erster Linie die Vereinsangelegenheiten, in Zusammenarbeit mit dem von der Mitgliederversammlung gewählten Vorstand. Dieser besteht zur Zeit aus drei Personen: Präsidentin,
Geschäftsführer und Kassenwartin.
Ein- bis zweimal im Monat finden „Bewohner- und Vorstandstreffen“ statt.
Jeweils eine Woche vorher hängt die Einladung aus, auf der die Themen stehen, und es ist Platz für weitere Ideen.
Entscheidungen werden gemeinschaftlich und, wenn möglich, nach Konsens gefällt.
Wer auf dem Vereinsgelände wohnen möchte, wird zunächst ordentliches Mitglied und Bewohneranwärter/in. Nach Ablauf einer Probezeit wird er dann Mitglied des IKS, also Bewohner/in.
In der Probezeit beteiligt sich der oder die Neue an den Kosten für das Wohnen auf dem Vereinsgelände und nimmt teil am Gemeinschaftsleben, damit beiderseits festgestellt werden kann, ob ein
Zusammenleben auf Dauer erwünscht sein wird. Nach Ablauf der Probezeit wird auf einem Treffen des IKS hierrüber abgestimmt.
Die Pachten für das Wohngelände und die Ackerfläche werden auf alle Erwachsenen aufgeteilt, für die Nebenkosten des Wohnens wird auf der jährlichen Mitgliederversammlung ein Betrag festgelegt.
Kinder leben kostenfrei.
Zurzeit leben auf dem Vereinsgelände 17 Erwachsene zwischen 20 und 59 Jahren mit sechs Kindern zwischen 5 und 11 Jahren.
Das Experiment des Zusammenlebens ist ein unerschöpflicher Pool des sozialen Lernens für Kinder und Erwachsene. Die Bewältigung von Konflikten, das gemeinsame Schaffen von Werten, sozialen (im
Zusammenleben) wie gegenständlichen (im Wohn- oder Gartenbereich), die Schaffung von Selbstwirksamkeit im Zusammenwirken und -leben mit anderen Menschen, mit der Natur, jahreszeitlichen
Bedingungen und nicht zuletzt mit Tieren ist erheblich förderlich für die Persönlichkeitsentwicklung und für die Gesundheit.
Das Vereinshaus
Der Verein „Tamanha e.V.“ bekam das im Grundbuch als „Holländerhaus“ eingetragene Gebäude im Niemarker Weg 52 im Jahr 2000 durch die Hansestadt Lübeck als Sanitärgelegenheit zur Verfügung
gestellt.
2004 entwarf ein befreundeter Architekturstudent ein Umbaukonzept für das Haus nach den Vorstellungen des Vereins.
Doch die Hansestadt Lübeck konnte zu jenem Zeitpunkt ihre Zustimmung nicht erteilen, und ohne das Einverständnis der Eigentümerin und mit nur bis 2017 befristeten Pachtverträgen für das
Wohngelände und die Ackerfläche hatte dieses Konzept keine Zukunft.
In 2012 kam es erneut zu Gesprächen mit dem Amt für Liegenschaften.
Man bot dem Verein einen Erbbaurechtsvertrag für das „Holländerhaus“ mit einer Laufzeit von ca. 30 Jahren an, gekoppelt an eine Vertragsverlängerung für das Wohngelände und das Ackergelände über
den gleichen Zeitraum.
Voraussetzung für den Erbaupachtvertrag war die Vorlage eines Umbau- und Finanzierungskonzeptes, welches der Hansestadt mittlerweile vorliegt und in weiten Teilen die Zustimmung der Behörde
fand.
Der Verein plant, das Haus nach folgenden Gesichtspunkten umzugestalten:
Gemeinschaftliche Nutzung im Sinne der experimentellen Wohnform und ökologische, ressourcenorientierte Nutzung im Sinne von Selbstversorgung und weitestgehender Unabhängigkeit.
Wie bisher auch, soll das Haus als Versammlungsort für die verschiedenen gemeinschaftlichen Aktivitäten dienen. Dazu gehören natürlich die häufig stattfindenden Treffen des Vorstands mit den
Bewohnern oder die Mitgliederversammlungen, aber auch Freizeitaktivitäten wie gemeinsames Kochen und Essen, Musizieren oder Kindergeburtstagsfeiern, Bastel- oder Handarbeitsnachmittage (Stricken,
Spinnen, Weben, Filzen), Billard- und Spieleabende oder auch der am Sonntagabend gemeinsam mit Spannung verfolgte „Tatort“-Fernsehabend.
Für diese Aktivitäten soll der große Wohnraum verschönert und die Küche vergrößert werden.
Darüber hinaus soll das Haus in Zukunft Möglichkeiten für Seminare verschiedenster Art bieten, vom Thema Naturschutz über Landwirtschaft bis hin zu Ideen für eine gesunde, nachhaltige
Lebensführung (etwa Ernährung oder Yoga).
Hierfür ist unter Anderem der Ausbau des Dachgeschosses vorgesehen. Ein barrierefreier Zugang ist ebenfalls notwendig.
Es soll weiterhin für Vereinsmitglieder oder interessierte Jugendliche die Möglichkeit bestehen, einen Musikraum zu nutzen, welcher mit einigem Equipment bereits ausgerüstet ist und auch genutzt
wird.
Das gesamte Bauvorhaben steht und fällt mit der Sanierung des Mauerwerks und des Fundaments, welches trockengelegt werden und neu versiegelt werden muss. So kann auch der Kellerraum nutzbar
gemacht werden, z. B. für die traditionelle Lagerung von Ackerfrüchten.
Für alle BewohnerInnen und auch für die Zukunftsplanung ist es in jeder Hinsicht unerlässlich, dass die sanitäre Situation Verbesserung und Erweiterung erfährt.
Eine ökologisch sinnvolle Isolierung, ausreichend Toiletten und Dusch- bzw. Badegelegenheiten und eine akzeptable Abwassersituation stehen ganz oben auf unserer Liste.
(Ein Anschluss an das städtische Abwassersystem ist seitens der Hansestadt bereits geplant.)
Auch die Heizanlage soll ressourcenschonend und möglichst autark sein. Da einige BewohnerInnen in Garten- und Landschaftsbaubetrieben arbeiten und auch hier auf dem Gelände einiges an
Verwertbarem anfällt, haben wir uns für eine Anlage entschieden, die mit Feststoffen versorgt wird und mit einem geringen CO-Ausstoß aufwarten kann. Der veranschlagte Scheitholzkessel wird heißes
Wasser zur Verfügung stellen und das Haus heizen.
Für die Sanierung und den Umbau arbeiten wir zusammen mit lokalen Fachbetrieben, wobei einfachere Arbeiten in Eigenleistung der Vereinsmitglieder erfolgen werden.